Unsere Grenzen in Gesellschaft und Kirche Bis hierhin und nicht weiter!
Oder doch?
Effata-Tagung

Hildegard Müller

Zu diesem Thema trafen sich vom 7. bis 9. März 2014 14 Frauen im Haus am Maiberg in Heppenheim, vorbereitet und begleitet von Helga Estor, Hildegard Müller und Friedel Steven.

Grenzen gehören zu unserem Leben, ob wir sie individuell erfahren oder kollektiv. Über die unterschiedlichen Erlebnisse damit berichteten die Frauen in einem Erzählbistro am Freitagabend. Berührend das Leid der Menschen in Süd- und Nordkorea, deren Hoffnung auf Wiedersehen immer wieder enttäuscht wird, und die nicht aufgeben daran zu glauben, dass sie erleben, was mit dem Mauerfall in Deutschland möglich wurde. Grenzen in beruflichen Situationen, die herausgefordert haben, Angst zu überwinden, ob in Afrika oder Deutschland. Grenzen, die an die Schwellen des Sterbens und des Todes führten. Bei diesem Austausch war viel Offenheit und gegenseitiges Verständnis zu spüren. In den Gesprächen wurde ganz deutlich erkennbar, dass Grenzen nicht nur unterschiedlich erlebt werden, sondern auch verschieden definiert. In welche engen oder weiten Grenzen werde ich hineingeboren und wie nehme ich sie als Herausforderung an. Dies zu erkunden waren Themen am Samstag, wie Machtmissbrauch, Begrenzung der Rohstoffe, grenzenlose Ansprüche an Geld, Patriarchat und Demokratie in der Kirche. Um glaubwürdig zu sein, dürfen Geld und Macht nicht die Hauptrolle spielen, müssen die Menschen in Entscheidungsprozessen gehört und einbezogen werden. Schließlich auch die Frage nach den sozialen Grenzen, die oft durch soziale Ab- und Ausgrenzungen gekennzeichnet sind. Hier ist vor allem Respekt als Grundlage jeder Beziehung erforderlich.

Zu dem weiten Bereich eigener Grenzerfahrungen, die sowohl als Einengung, als Schutz und Herausforderung gesehen werden, wurden im Vorfeld Texte aus dem Buch von Anselm Grün und Ramona Robben „Grenzen setzen – Grenzen achten“ gelesen. Aus der Vielzahl der Aspekte die genannt wurden: Grenzen müssen klar definiert sein, die eigenen und die der anderen erkannt und respektiert und Strategien der Abgrenzung entwickelt werden. Grenzen dienen auch dem Schutz unseres Inneren. Wir dürfen aber auch Grenzen überschreiten, wenn es um Recht und Gerechtigkeit geht und Widerstand geleistet werden muss, wenn Menschen entwürdigt werden. Ein sensibles Thema ist die Erkenntnis, dass unser Leben begrenzt ist und der Tod unausweichlich ist. Diese Herausforderung in Würde zu bestehen ist eine große Aufgabe.

Es wurden verschiedene Aktionen und Netzwerke vor Ort benannt, bei denen vor allem Frauen beteiligt sind. Als Beispiel einer Grenzüberschreitung wurde das Leben und Werk der Frauenrechtlerin Hildegard Burjan (1883-1933) vorgestellt, die als erste weibliche christsoziale Abgeordnete im Parlament der Republik Österreich 1919 wirkte und 2012 selig gesprochen wurde. Sie war die Gründerin der Schwesternschaft „Caritas Socialis“. Empfehlenswert dazu das Buch von Gisbert Greshake „Selig die nach Gerechtigkeit dürsten“, Verlag Tyrolia.

Große Hoffnung wird auf Papst Franziskus gesetzt, der durch sein Beispiel anregt, in Kirche und Gesellschaft das zu verwirklichen, was dem Leben der Menschen dient.
Das Wochenende wurde von allen als sehr gelungen gelobt. Für Effata 2015 (20.-22. Februar) wurde beschlossen, das Thema zu vertiefen mit dem vorläufigen Arbeitstitel: „Dem Leben nicht mehr Jahre, den Jahren mehr Leben geben“, mit Einbeziehung individueller und gesellschaftlicher Aspekten.